Membranbekleidung war vor 20 – 30 Jahren für die Outdoorbranche in etwa das, was Smartphones derzeit für die Handybranche sind: ein absoluter Game-Changer. Membrane gewährleisten absolute Wasserdichtigkeit und sind dennoch atmungsaktiv. Sie ermöglichen so einen hohen Tragekomfort. Diese durch technische Innovation erreichten Vorteile haben die Regenbekleidung revolutioniert und sind zum absoluten Marktstandard geworden, genauso wie Smartphones fast vollständig herkömmliche Handys verdrängt haben. Gore-Tex kann dabei als das iPhone der Membrane bezeichnet werden. Seit seiner Einführung hat es durch technische Innovationen und ein geschicktes Marketing den Markt für Membrane überhaupt erst eröffnet und nachhaltig geprägt. Seit dem Auslaufen des Patentschutzes von Gore-Tex sind in den vergangenen Jahren allerdings zunehmend Konkurrenzprodukte auf den Markt gekommen, die technisch durchaus mit Gore-Tex mithalten können. Aufgrund des nach wie vor bestehenden guten Images von Gore-Tex ist Gore’s Marktführerschaft allerdings ungebrochen. Dies sollte Kaufinteressenten jedoch nicht dazu verleiten, in die Produktsuche bloß Jacken und Hosen aus Gore-Tex einzubeziehen. Andere Membrane können technisch durchaus mithalten und sind häufig deutlich günstiger als Gore-Tex. Das wird zum Beispiel an der Montane Direct Ascent Event Jacket deutlich, die es (reduziert) bereits ab 236 EUR gibt, während eine Gore Tex Pro Jacke gerne auch mal 550 EUR kostet. [UPDATE: Die Montane Featherlite Shell kostet derzeit nur round about 200 EUR.]
Eine sehr interessante Gore-Tex-Alternative ist die eVent Membran. Ein Hersteller, der viele interessante Produkte aus eVent im Sortiment hat, ist der britische Outdoorhersteller Rab. Ich selbst habe eVent bislang noch nicht verwendet. Rab hat mir jedoch dankenswerterweise eine Latok Alpine Jacke zum Test überlassen, um mir qualifizierte Aussagen zur Performance von eVent zu ermöglichen. Ich werde die Jacke in den nächsten Wochen ausgiebig testen und dann ein Review der Jacke verfassen. Zudem werde ich diesen Beitrag über eVent um einen Erfahrungsbericht ergänzen. [UPDATE: Mittlerweile ist der Testbericht zur Latok Alpine hier zu lesen]
Technologie
Genau wie bei Gore-Tex handelt es sich bei eVent um eine ePTFE-Membran, die aus einem gespreizten Polytetrafluorethylen besteht. Die Poren dieser Membran sind um ein vielfaches kleiner, als Wassertropfen, so dass Wasser im flüssigen Aggregatzustand von außen die Membran nicht durchdringen kann. Wasser in Dampfform kann hingegen von innen nach außen diffundieren. Diese Diffusionsmöglichkeit wird – etwas unpräzise – als Atmungsaktivität bezeichnet. Das Problem von ePTFE-Membranen ist jedoch, dass sie empfindlich auf Fette reagieren und so beispielsweise durch die durch den Körper ausgesonderten Hautfette beschädigt werden können. Aus diesen Grund war die Haltbarkeit der ersten Membranjacken stark begrenzt. Mittlerweile haben Gore und andere Membranhersteller auf dieses Problem reagiert, indem eine dünne Schicht aus Polyurethan (PU) auf die Membran laminiert wird. Die Membran wird durch diese Schicht effektiv vor Fetten geschützt und ist so deutlich länger haltbar. Die auflaminierte PU-Schicht reduziert jedoch ganz erheblich die Atmungsaktiviät von Gore-Tex-Jacken. Denn bevor Schweiß durch die Membran entweichen kann, muss der Wasserdampf auf der PU-Folie kondensieren. Die Fette werden dann von der kondensierten Flüssigkeit abgeschieden. Angetrieben vom Dampfdruckgefälle wird die kondensierte Flüssigkeit sodann durch die Membran gedrückt. Die Atmungsaktivität von Gore-Tex ist daher schon recht begrenzt, was jeder, der einmal im Aufstieg eine Gore-Tex-Hardshell anhatte, schon am eigenen Leib erlebt hat. Aus den vorangegangenen technischen Ausführungen wird aber auch deutlich, was der Schlüssel dazu ist, die Atmungsaktivität von Membranbekleidung zu erhöhen: die Abschaffung der PU-Schicht. Die BHA Group, Inc., der Hersteller von eVent, hat dies geschafft und einen Weg gefunden, die ePTFE-Membran ohne das Auflaminieren einer die Atmungsaktivität hemmende PU-Schicht vor Fetten zu schützen. Statt eine PU-Schicht aufzulaminieren, wird in der eVent-Membran jede einzelne Faser mit Polyester ummantelt.
Überlegne Atmungsaktivität
Durch die Ummantelung der einzelnen Fasern mit Polyester wird die Membran vor Fetten geschützt. Anders als bei PU-Beschichtungen ist es bei dieser Technik aber nicht notwendig, dass Feuchtigkeit zunächst an der Innenseite der Jacke kondensiert, um dann durch die Membran dringen zu können. Dadurch, dass diese zusätzliche Kondensationsphase überflüssig wird, wird eine erheblich höhere Atmungsaktivität als bei Membranen mit PU-Schicht erreicht. Laut der outdoorseiten.net Wiki verfügt eVent gegenüber Gore-Tex über einen drei bis sechs mal niedrigeren RET-Wert. RET steht für resitance-evaporation-transmission. Der RET-Wert wird dafür herangezogen, um zu messen, welchen Widerstand ein Stoff Wasserdampf entgegensetzt. Die Überlegenheit von eVent in Puncto Atmungsaktivität scheint in der Praxis deutlich bemerkbar zu sein. Wenn man im Interent Erfahrungsberichte und Forendiskussionen zu eVent durchstöbert, stößt man auf fantastische Geschichten: In den Erfahrungsberichten wird eVent durchweg eine verblüffend hohe Atmungsaktivität attestiert. So wird von einem Fall berichtet, in dem eine eVent Jacke über vom Regen durchnässte Kleidung angezogen wurde, die innerhalb kurzer Zeit unter der Jacke getrocknet ist. Auch wird häufig berichtet, dass man bei einer eVent Jacke keine Pit-Zips benötigt, da die Jacke einfach ausreichend atmet und so das Körperklima viel besser reguliert, als herkömmliche Membranjacke. Mehrmals habe ich auch gelesen, dass Nutzer keine Softshelljacken mehr verwenden, da die Atmungsaktivität von eVent so überragend gut sei, dass es schlicht unnötig wäre, eine zusätzliche Softshell mitzunehmen. Man muss daher wohl schlussfolgern, dass eVent in Sachen Atmungsaktivität unter Hardshells Maßstäbe setzt. Interessant wäre es allerdings mal zu sehen, wie sich Polartec Neo Shell, ein Mittelding zwischen Soft- und Harshell-Material, im Vergleich zu eVent schlägt.
Erhöhtes Pflegebedürfnis
Die erhöhte Atmungsativität gegenüber Membranen mit PU-Schicht hat jedoch auch ihren Preis. eVent-Membrane müssen etwas sorgsamer gepflegt werden, als beispielsweise Gore-Tex-Jacken. So ist es erforderlich, die Jacke regelmäßig zu waschen, um Fette aus der Jacke zu entfernen. Zwar sollte man auch Gore-Tex-Jacken regelmäßig waschen. Bei eVent-Jacken scheint es aufgrund des Verzichts auf die PU-Schicht allerdings noch wichtiger zu sein, um die Funktionsfähigkeit der Jacke zu erhalten. Es empfiehlt sich daher, seine eVent-Bekleidung auf jeden Fall nach jeder Tour und auch im Allltagseinsatz regelmäßig zu waschen. Die in eVent-Bekleidung eingehähten Hinweisschilder “wash me often” sind also durchaus ernstzunehmen. Auch hier gilt also – wie ich kürzlich auch schon im Beitrag zur Pflege von Membranbekleidung geschrieben habe – das es volkommen verfehlt ist, zu denken, dass man seine Jacke mit wenigem Waschen schonen würde.
Haltbarkeit?
Im Internet liest man in einigen Berichten, dass eVent-Jacken nach einiger Zeit wasserdurchlässig wurden. Eine mangende Zuverlässigkeit wäre für mich das absolute K.O. Kriterium für eine Membran, da es ihre wichtigste Aufgabe ist, den Träger vor der Witterung zu schützen. Während man eine eingeschränkte Atmungsaktivität vielleicht als leicht unangenehm empfinden kann, wäre eine Wasserdurchlässige Regenjacke im Hochgebirge eine echtes Sicherheitsrisiko. Aus diesem Grund habe ich zu dem Aspekt der Haltbarkeit ausführlich recherchiert. Man kann im Ergebnis wohl die gelegentlich zu hörende Befürchtung entkräften, dass eVent Jacken nicht haltbar wären. Stutzig wurde ich schon bei den Schilderungen, dass die Wasserdurchlässigkeit der Membran häufig recht plötzlich und großflächig aufgetreten ist. Dies deutet nach meiner Einschätzung eher nicht auf ein Problem durch mechanische Abnutzung der Jacke hin, die sich primär wohl an den Schultern (Rucksackgurte) zeigen und zunächst langsam ankündigen würde. Vielmehr scheint die Undichtigkeit der Jacken auf eine unsachgemäße Pflege zurückzuführen zu sein. So lässt sich die Wasserdichtigkeit der Jacke – sowohl nach Herstellerangaben als auch nach Angaben von Internetnutzern – wiederherstellen, wenn man die Jacke gründlich wäscht und hinterher mehrfach spült. Es scheint also so, also ob die Wasserundichtigkeit durch Ablagerungen in der Membran, vermutlich von Körperfetten , Salzen oder Waschmittelrückständen, beeinträchtigt werden kann. Man muss es sich vermutlich so vorstellen, dass diese Stoffe eine Art “Brücke” durch die Membran bauen, durch die Wasser in das Innere dringen kann. Wenn man die Rückstände jedoch wieder entfernt, ist auch wieder die Wasserdichtigkeit gewährleistet. In einem Forum habe ich von einem sehr anschaulichen Beispiel gelesen, das diese Theorie belegt. Es handelte sich um einen eVent zunächst sehr positiv beurteilenden Nutzer, der in dem Forum anfangs nur seine ausschließlich guten Erfahrungen mit der Membran geschildert hat. Plötzlich wurde jedoch auch seine Jacke komplett undicht, obwohl er sie regelmäßig gepflegt hat, woraufhin sich der Nutzer enttäuscht wieder im Forum meldete. Nach einigem Rätselarten und der Kontaktaufnahme mit dem Hersteller konnte er die Undichtigkeit letztendlich darauf zurückführen, dass er sich eine neue, moderne Waschmaschine angeschafft hatte. Moderne Waschmaschinen verwenden (begrüßenswerterweise) deutlich weniger Wasser, als ältere Modelle. Und so hat die neue Maschine des Nutzers wohl auch beim Spülen nach dem Waschen deutlich weniger Wasser verwendet. Nachdem der Nutzer die Jacke zum ersten Mal in der neuen Maschine gewaschen hatte, verblieben daher wohl so viele Waschmittelrückstände in der Membran, dass die Jacke undicht wurde. Als der Nutzer die Jacke – nach Erkennen des Problems – nochmals gewaschen und mehrfach gespült hatte, war die Jacke wieder wasserdicht. Dies verdeutlicht sehr anschaulich, dass das Problem wohl nicht die Membran an sich ist, sondern eher die Pflege. Übrigens empfiehlt der eVent-Hersteller wohl sogar, gelegentlich normales Waschmittel zur Reinigung der Jacke zu verwenden, da dieses Fette und sonstige Rückstände effektiver löst, als die speziellen Membranwaschmittel. Diese Information habe ich allerdings nur aus Foren und noch nicht selbst verifizieren können. In jedem Fall sollte man die Jacke nach dem waschen zusätzlich spülen. Beachtet man diese Hinweise, kann man sich wohl aller Voraussicht nach auf die Wasserdichtigkeit seiner eVent-Bekleidung verlassen und ohne größere Bedenken in den Genuss der hohen Atmungsaktivität kommen. Ich werde versuchen dies durch meinen Test zu validieren.
Erfahrungsbericht
Update: Ich habe mittlerweile die Rab Latok Alpine aus eVent mehrere Wochen getestet. Unter anderem hatte ich die Jacke zwei Wochen am Berg dabei. eVent hat mich zuverlässig trocken gehalten. Dabei hat sie sogar wirklich äußerst extremen Platzregen überstehen müssen. Es war an keiner Stelle eine Undichtigkeit der Membran festzustellen. Die Membran hält zudem das Versprechen überlegener Atmungsaktivität. So etwas habe ich in einer Hardshell noch nicht erlebt. Meine hohen Erwartungen wurden sogar noch übertroffen. Man hat wirklich das Gefühl, dass die Feuchtigkeit direkt durch die Jacke durch verdunstet. Was die Haltbarkeit der Membran angeht, kann ich noch keine abschließende Aussage treffen. Hinreichend robust ist sie auf jeden Fall. Auch habe ich sie noch nie gewaschen und die Funktionsfähigkeit ist nach wie vor nicht beeinträchtigt. Ich bin daher ganz guter Dinge, dass ich auch in Zukunft keine Probleme mit der Membran erleben werde. Insgesamt bin ich wirklich zufrieden mit eVent!
Jacken
Nachfolgend einige Beispiele für spannende eVent Jacken, die mir in letzter Zeit über den Weg gelaufen sind:
- Rab Latok Alpine Jacket;
- Montane Direct Ascent Event Jacket;
- Montane Featherlight Shell (wiegt weniger als 300g!);
- Montane Alpine Endurance Event Jacket.
Fazit
eVent ist eine sehr interessante Alternative zu Gore Tex. eVent-Bekleidung ist in der Regel deutlich günstiger als vergleichbare Gore-Tex-Bekleidung und dabei deutlich atmungsaktiver. Dies wird auch aus den unten angefügten Videos ersichtlich. Man muss sich allerdings darauf einstellen, dass man sich etwas aufmerksamer der Pflege von eVent-Bekleidung widmen muss, als man dies von Membranen mit PU-Schutzschicht gewohnt ist.
Videos
Anbei noch ein paar interessante Videos, die interessantes Video, das sich mit der Performance von eVent beschäftigen beschäftigt.
Links
http://www.outdoorseiten.net/wiki/Event
http://www.outdoorseiten.net/wiki/Gore-Tex
http://4-seasons.de/magazinartikel/prima-klima-alles-ueber-die-event-membran
http://www.gipfeltreffen.at/showthread.php?13715-eVENT-Membrane
http://www.outdoorseiten.net/forum/showthread.php?46470-Wann-versagt-die-eVent-Membran
Sehr interessant zu lesen. 🙂 Wie ich sehe ist der Test der Rab Jacke abgeschlossen, wirst du deine Ergebnisse noch in diesen Bericht einfließen lassen?
Was mich auch interessieren würde ist ob du Erfahrungen mit anderen Membranen machen konntest, z.B. die Membrain von Marmot? Benutzt Salewa eigentlich auch nur GoreTex oder haben die auch eine eigene Membran?
Schöne Grüße
Daniel
Hallo Daniel,
danke für die Erinnerung an den Erfahrungsbericht! Habe ich glatt vergessen… Ich habe ihn grade eingefügt. Wie Du schon bei der Latok Alpine lesen konntest, bin ich mit eVent wirklich sehr zufrieden.
Mit Membraine habe ich selbst noch keine Erfahrungen gemacht. Salewa verwendet neben Gore-Tex auch noch Powertex: http://www.salewa.com/in-action/know-how/material/clothing/powertex
Insgesamt sind die Eigenmaterialen der großen Markenhersteller sicherlich nicht schlecht. Ich denke, dass es sich dabei jeweils um Immitationen von Gore-Tex handelt. Schließlich ist der Patentschutz für Gore-Tex schon vor einiger Zeit ausgelaufen. Ich will aber nicht ausschließen, dass man bei solchen Eigenmaterialien kleinere Einbüßen in Puncto Atmungsaktivität oder Haltbarkeit hinnehmen muss. Das müsste man aber mal in einem Test ermitteln, vielleicht ein Projekt für die Zukunft…
Beste Grüße
Jan